Die Kunst des True Cost Accountings

Ulrich von Weizsäcker äusserte einst eindringliche Worte: «Die Preise müssen die ökologische Wahrheit sagen, damit wir auf einen nachhaltigen Entwicklungspfad gelangen können.» Diese Worte werfen den Blick auf eine Herausforderung, der sich Unternehmen vermehrt stellen müssen – die vollständige Berücksichtigung von externen Kosten in herkömmlichen Kosten- und Ertragsrechnungen. In einer Welt, in der ökologische und soziale Aspekte eine immer grössere Rolle spielen, ist es an der Zeit, die Kunst des True Cost Accountings zu beherrschen.

Die Verzerrung der privaten Wirtschaftsrechnung

Die private Wirtschaftsrechnung, die ausschliesslich interne Kosten und Nutzen berücksichtigt, wird durch das Auftreten externer Effekte verzerrt. Negative externe Effekte einhergehend mit deren fehlenden oder unzureichenden Internalisierung beeinträchtigen nicht nur diejenigen, auf die sie sich auswirken, sondern untergraben auch den Mechanismus des Marktes. In diesem Kontext ist es entscheidend, die Möglichkeiten zur Erfassung und Bewertung dieser externen Kosten zu verstehen.

Vom True Cost Accounting zur Internalisierung

Eine private Kosten- und Ertragsrechnung bleibt unvollständig, wenn externe Effekte auftreten, was zu Verzerrungen bei der Preisbildung führt. Diese Verzerrungen entstehen durch die einseitige Berücksichtigung interner Kosten und Nutzen, wodurch externe Kosten (durch negative Effekte) und externe Nutzen (durch positive Effekte) in der privaten Wirtschaftsrechnung unberücksichtigt bleiben. Negative externe Effekte führen direkt zu Nutzeneinbussen in der empfangenden Wirtschaftseinheit.

 

 

Beispiel Umwelt: Möglichkeiten zur physikalischen Erfassung

Der erste Schritt besteht in einer Darstellung des grundlegenden Wirkungspfads von der Emission über die Diffusion durch die Transmitter (Luft, Boden und Wasser) bis hin zu den Rezeptoren (Mensch, Tier, Pflanze, Material). Die monetäre Bewertung setzt bei den physischen Schäden seitens der Rezeptoren an, versucht die entstehenden Schäden über die Betrachtung von Nutzenverlusten zu quantifizieren und bewertet sie dann in Form von Kosten. Bei diesem Vorgehen müssen jedoch folgende Schwierigkeiten berücksichtigt werden:

  • Probleme bei der Identifizierung der Emissionsquelle,
  • Unsicherheiten bezüglich der Ausbreitung und chemischen Umwandlung von Schadstoffen,
  • Schwierigkeiten bei der quantitativen Abschätzung von Schäden aufgrund fehlender quantitativer Schadensfunktionen,
  • die Herausforderung, dass nur ein Teil der durch die Schäden verursachten Nutzeneinbussen durch Marktpreise ausgedrückt werden kann.

Modellierung einer Bewertung

Eine vorherige Modellierung erleichtert es Einzelpersonen oder Gruppen in zweifacher Weise, eine Bewertung durchzuführen. Zum einen ermöglicht sie die Umwandlung komplexer subjektiver Wahrnehmungen in messbare quantitative Informationen. Zum anderen führt sie zu einer Vereinfachung der Komplexität, indem sie die Charakteristika eines Objekts – sei es ein physisches Gut, eine Person oder auch abstrakte Konzepte und Beziehungen – in handhabbaren Strukturen abbildet.

Die wichtigsten Bewertungsansätze

Schadenskostenansatz

Im Rahmen des Schadenskostenansatzes versucht man, die nicht marktmässig zu bewertenden Nutzeneinbussen entweder über die direkte oder indirekte Erfassung der Zahlungsbereitschaften oder über die Erfassung von Risikopräferenzen zu quantifizieren. Bei der Analyse der direkten Zahlungsbereitschaften soll durch Befragungen festgestellt werden, was Individuen dafür zu zahlen bereit wären, dass bestimmte Umweltbeeinträchtigungen reduziert werden («willingness to pay») oder ab welcher Höhe von Entschädigungen sie bereit wären, bestimmte Beeinträchtigungen zu erdulden («willingness to accept»).

Indirekte Erfassung der Zahlungsbereitschaft

Die indirekte Erfassung der Zahlungsbereitschaft versucht, diese durch Beobachtung des Kaufverhaltens auf Märkten zu ermitteln, indem die Handlungen der von externen Effekten Betroffenen beobachtet werden. Beispielsweise können umweltbedingte Unterschiede in Grundstückspreisen oder Wohnungsmieten in diesem Kontext untersucht werden. Die Schwächen eines solchen Vorgehens sind: die mögliche Unvollständigkeit der Schadenserfassung und der mögliche stärkere Einfluss anderer Faktoren (z. B. Prestigegründe) auf das Kaufverhalten.

Risikopräferenzen

Die Bewertung von Externalitäten, die nur mit beschränkter Wahrscheinlichkeit auftreten und bei denen man nicht weiss, wie gross die potenziellen Schäden sein werden, kann etwa durch Risikopräferenzen erfolgen. Hierbei handelt es sich um Grossrisiken, wie sie etwa im Zusammenhang mit Kernkraftwerken oder Stauseen im Störfall auftreten. Es besteht die Option eines versicherungsanalogen Verfahrens. Die Kosten (Prämien), die bei einer Absicherung gegenüber solchen Schäden durch Versicherungen zu zahlen sind, werden dann zur monetären Bewertung der Externalitäten herangezogen. Allerdings könnten so nur materielle Schäden abgedeckt werden.

Vermeidungskostenansatz

Im Gegensatz zu den Schadenskosten, welche die monetären Kosten der Umweltbelastung angeben, drücken die Vermeidungskosten den monetären Nutzen von Umweltschutzmassnahmen für die Gesellschaft aus. Vermeidungskosten sind die Kosten, die der Verursacher von Externalitäten aufwenden muss, um ein bestimmtes Niveau an Umweltqualität zu erreichen. Der Vorteil des Vermeidungskostenansatzes ist, dass viele der genannten Bewertungsprobleme wegfallen. Allerdings müssen notwendige Internalisierungsmassnahmen quasi vorweggenommen werden, und die Internalisierung der Externalitäten erfolgt nicht über marktwirtschaftliche Prozesse.

Das Ergebnis ist, dass die dargestellten Ansätze nur eine Annäherung an die exakten Werte externer Kosten ermöglichen. Ein Verzicht auf die Berücksichtigung der externen Kosten entspricht einer Bewertung dieser Kosten mit null – und das spiegelt noch weniger bzw. überhaupt nicht das Empfinden der betroffenen Menschen wider.

Internalisierung durch Eigentumsrechte und Märkte

Eine bewährte Methode zur Internalisierung besteht darin, klare und durchsetzbare Eigentumsrechte zu schaffen, die dann auf einem freien Markt gehandelt werden können. Die Externalitäten könnten vermieden werden, wenn alle relevanten Güter umfassende, klar definierte und durchsetzbare Eigentumsrechte hätten. Das Konzept ist einfach: Negative externe Effekte entstehen, wenn jemand Ressourcen ohne Entschädigung verwendet, und positive externe Effekte entstehen, wenn jemand Outputs ohne Entschädigung abgibt. Die mangelnde Definition und Durchsetzung von Eigentumsrechten ist der eigentliche Grund für die Existenz von externen Effekten und den damit verbundenen Ineffizienzen.

Die Umsetzung dieses Konzepts erfordert einen vollkommenen Markt für Eigentumsrechte, auf dem die Rechte durch Auktionen erworben werden. In einem solchen Markt würden die Rechte immer an denjenigen gehen, der die höchstwertige Verwendung für sie hat. Das Coase-Theorem, das die Wirksamkeit dieses Ansatzes betont, markierte eine Revolution in der wirtschaftlichen Behandlung der Eigentumsfrage.

Es ist wichtig zu betonen, dass es bei diesem Ansatz nicht darum geht, wem die Eigentumsrechte ursprünglich zugewiesen wurden, sondern darum, dass sie klar definiert und durchsetzbar sind. Dies ermöglicht eine automatische Optimierung, da der Markt sicherstellt, dass die Rechte der effizientesten Verwendung zugehen.

Alternative Ansätze zur Internalisierung: Fiskalische Internalisierung

Ein weiterer Ansatz zur Internalisierung besteht darin, externe Kosten finanziell zu belasten und externe Nutzen zu belohnen. Bei dieser fiskalischen Internalisierung wird der Preis für Externalitäten (Steuern, Gebühren, Subventionen) jedoch nicht durch den Markt, sondern durch den Staat festgelegt. Diese Methode hat jedoch ihre Herausforderungen, darunter die Unsicherheit über den gesellschaftlichen Wert der Externalitäten und die Versuchung, fiskalische Massnahmen für andere politische Ziele zu nutzen.

Gebote und Verbote

Gebote und Verbote sind ein weiterer Mechanismus, um externe Effekte zu adressieren. Allerdings sind Gebote ohne finanzielle Kompensation bei Nichtbefolgung oft unwirksam. Verbote, obwohl weit verbreitet, haben Nachteile. Sie eliminieren nicht nur externe Kosten, sondern auch den internen Nutzen der verbotenen Aktivität. Zudem behandeln sie alle Emittenten gleich, unabhängig von ihren Verhütungskosten. In vielen Fällen könnten versteigerte und handelbare Emissionszertifikate eine effizientere Alternative sein.

Langfristige Veränderungen durch Erziehung: Erziehung zur freiwilligen Internalisierung

Langfristige Veränderungen können auch durch Erziehung erreicht werden. Die Förderung der freiwilligen Internalisierung von Externalitäten durch Umwelterziehung ist ein wichtiger Schritt. Doch allein auf dieses Instrument zu setzen, könnte angesichts der Herausforderungen einer anonymen, mobilen und pluralistischen Gesellschaft unzureichend sein.

Fazit: Eine nachhaltige Zukunft durch wahre Kostenkenntnis

Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft müssen Unternehmen die Kunst des True Cost Accountings beherrschen. Die Internalisierung externer Kosten durch klare Eigentumsrechte und Märkte, fiskalische Massnahmen, sinnvolle Verbote und Erziehung zur freiwilligen Internalisierung sind Schlüsselmechanismen, um die ökologische Wahrheit in die Wirtschaftsrechnung zu integrieren. Nur durch eine umfassende Berücksichtigung externer Effekte können Unternehmen ihre Umweltauswirkungen minimieren und langfristig wettbewerbsfähig bleiben.

Gemeinsam für positive Veränderungen!

Nutzen Sie die Kraft des True Cost Accountings und setzen Sie sich für eine nachhaltige Entwicklung Ihres Unternehmens ein. Ich stehe Ihnen als Berater für ökonomischen Erfolg und Umweltverträglichkeit zur Seite. Fragen Sie nach weiteren Informationen!


Thomas Trams Consulting

+41 (0) 79 546 07 41
trams@ethicalprofit.ch


Ethical Business | Better Profits

Ich setze auf Ethik als Wegweiser im Geschäft. Transparenz, Integrität, Respekt und Diversität sind meine Grundwerte. Eine ethische Geschäftskultur zahlt sich aus – sie verbessert das Markenimage, erhöht das Vertrauen, stärkt die Nachfrage und ermöglicht langfristige Kostenersparnisse.

Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, wie Ihr Unternehmen von ethischen Praktiken profitieren kann!



Quellen

  • Bartmann, H., Borchers, H. (1993). Umweltökonomie: Vorlesung, 4., verb. und erg. Aufl., St. Gallen 1993.
  • Einbeziehung von Umweltindikatoren in die Regionalpolitik. Schriftreihe des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung Essen, N. F., H. 50, Berlin 1990.
  • Friedrich, R. (1996). Externe Kosten der Stromerzeugung, in: Externe Kosten von Energieversorgung und Verkehr, Tagung Stuttgart, 5. und 6. März 1996, VDI-Gesellschaft Energietechnik, Düsseldorf 1996, S. 39–56.
  • Friedrich, R., Krewitt, W., Staiger, B. (1991). Die Qualifizierung externer Effekte und deren Grenzen am Beispiel der Stromerzeugung aus Kohle, in: Soziale Kosten der Energienutzung: externe Kosten heute – Betriebskosten morgen, Tagung Mannheim, 5. und 6. November 1991, VDI-Gesellschaft Energietechnik, Düsseldorf 1991, S. 101–116.
  • INFRAS, ECONCEPT, PROGNOS (1996). Die vergessenen Milliarden: externe Kosten im Energie- und Verkehrsbereich. Bern u. a. 1996.
  • Keppler, J. H. (1996). Neue Ansätze bei der Internalisierung externer Kosten: Die internationale Perspektive, in: Externe Kosten von Energieversorgung und Verkehr, Tagung Stuttgart, 5. und 6. März 1996, VDI-Gesellschaft Energietechnik, Düsseldorf 1996, S. 179–193.
  • Kleinewefers, H. (2008). Einführung in die Wohlfahrtsökonomie, Theorie – Anwendung – Kritik. Stuttgart 2008.
  • Stelzer, V. (1997). Bewertung im Umweltschutz und Umweltrecht. Berlin u. a. 1997.
  • Wachter, D. (1990). Externe Effekte, Umweltschutz und regionale Disparitäten: Begründung und Ausgestaltungsmöglichkeiten einer umweltbezogenen internalisierungsorientierten Regionalpolitik. Diss. Zürich 1990.

Picture of Thomas Trams

Thomas Trams

Als Gründer, Berater und diplomierter Volkswirt setze ich mich für ethische Geschäftspraktiken und die stetige Entwicklung von Unternehmen ein. In meinen Blog-Beiträgen auf Medium und LinkedIn teile ich fesselnde Einblicke in innovative Technologien, wegweisende Designkonzepte und weitere faszinierende Themen, die Unternehmen und öffentliche Institutionen voranbringen.

Diese Website verwendet Cookies und bearbeitet anonymisierte Nutzerdaten. Wir verzichten auf den Einsatz von Google Analytics, Google Fonts, Google Maps und Google reCaptcha. Zur Erhebung von Nutzerdaten nutzen wir «Matomo Analytics — Ethische Statistiken. Nachhaltige Erkenntnisse.» Eine Lösung, die Nutzerdaten allein auf unserem Server in der Schweiz speichert. Wenn Sie genauere Informationen hierüber möchten, lesen Sie bitte unsere Daten­schutz­erklärung.